[27] Steckkontakt, Ausgabe Sept. 2005

 

Lieber Tone!

 

Nun sind es schon über 10 Jahre her, dass Du Brigitte und mich zu einer Wanderung von Waidhofen/Ybbs nach Altenmarkt/Ennstal mitgenommen hast. Wir ahnten damals nicht, dass Du uns in wenigen Wochen verlassen wist. Durch die vielen gemeinsamen Touren ist eine Freundschaft gewachsen, die sich in mancher Auseinandersetzung bewähren musste. Bei zwei Urlauben unserer Familie in Deiner geliebten Heimat duften wir auch Deine Angehörigen kennen lernen.

 

Aber die Familie, an der Dir in Deiner seelsorglichen Funktion besonders viel gelegen war, befand sich in der Endresstraße. Hier hast Du in unzähligen geduldigen Gesprächen Dich bemüht, aus uns passiven Kirchenbesuchern aktive Mitglieder der Gemeinde zu machen. Erst als wir uns selbst einbrachten, spürten wir, dazu zu gehören. Im regelmäßigen Glaubensgespräch haben wir uns gefragt, inwiefern uns die Schriftstellen persönlich ansprechen und welche Konsequenzen daraus erwachsen. Du hast uns die Heilige Schrift in einer Form erläutert, dass der Glaube an den liebenden Gott, der in Christus einer wie wir geworden ist, in uns sich gefestigt halt und unsere Antwort in Taten erfolgt, damit sein Reich hier sichtbar wird.

 

Wenn sich optisch und organisatorisch in der Endresstraße manches geändert hat, spüren wir noch immer, dass die von Dir gelegte Saat aufgeht und Frucht trägt. Dafür möchten wir danken.

Brigitte und Friedl Siebert

 

Zwei immer wiederkehrende Berührungspunkte bzw. Begegnungen mit Tone möchte ich gern erzählen:

 

Tone kam des öfteren am Sonntag zu uns zum Mittagessen, es war sehr interessant, von seiner Kindheit und Jugend zu erfahren, von seiner Ausbildung zum Priester und seinem Werdegang zu hören. Abgesehen davon hatten wir (Michael und ich) immer die Möglichkeit, Glaubensfragen bzw. Verständnisfragen zu stellen, die Tone gern erklärt hat, bzw. falls er es nicht wusste, hat er mir ein Buch geborgt zum Nachlesen (was in meinem Zimmer dann einen ziemlich strengen Zigarrengeruch verbreitete) oder eines empfohlen.

 

In meiner Kindheit bzw. Jugendzeit war das Highlight des Jahres immer das zweiwöchige Sommerlager. Tone kam uns jeden Samstag in Loretto besuchen und feierte mit uns Gottesdienst. Da bekamen der Friedensgruß (nach einem Streit mit einer Freundin), Fürbitten und Danksagungen immer eine ganz besondere Bedeutung. Dass er sich damals Zeit genommen hat, war für mich immer ganz selbstverständlich, jetzt sehe ich das als großes Geschenk.

 

Wie Tone in meiner Erinnerung bleibt:

Er war immer einer von uns, nie mächtiger, abgehobener, wichtiger oder wahrer.

Sabine Graf

 

Ich erinnere mich noch genau an einen Blick von Tone. Es war ein aufmunternder Blick, einer, der Mut macht, der neue Kraft gibt. An Details erinnere ich mich nicht mehr, nur an den Blick. Ich weiß schon, es war die Abschlussmesse eines Gemeindetags. Und ich war mit dem Ergebnis nicht wirklich glücklich. Und ich habe diesen Blick wie einen Bissen Brot gebraucht. Aber das war's. Mehr weiß ich beim besten Willen nicht.

 

Ich hab Tone nicht so gut gekannt. Wir hatten viele Begegnungen, aber immer im Rahmen der Gemeinde oder Familie. Wir hatten wenig direkten Kontakt. Meine persönliche Geschichte war auch nicht sehr eng mit Tone verknüpft. Ich war nicht einer der von der Kirche Enttäuschten, denen Tone wieder Hoffnung gemacht hat. Mein Erlebnis von Kirche war die Gemeinde. Und das ist gut so. Es hilft mir noch jetzt, über die Schwächen der Amtkirche hinwegzusehen.

 

Ich habe von Tone aber viel mitgenommen. Und wenn ich mich nicht ganz irre, würde ihn die Entwicklung der Gemeinde nachdenklich stimmen. Er wollte nie der Leiter der Gemeinde sein, er wollte ein Teil von ihr sein. Er wollte nicht der Mittelpunkt der Gemeinde sein, um den sich alles dreht. Er wollte auch nicht der Zusammenhalt der Gemeinde sein. Er wollte nicht der Grund dafür sein, dass es die Gemeinde gibt. Er wollte eine selbstständige Gemeinde, die auch ohne ihn leben und überleben kann. Eine, die vielleicht sogar ohne Priester funktioniert. Denn die Führung der Gemeinde sollte schließlich Gott innehaben. An ihm sollte sich die Gemeinde aus- und aufrichten. So habe ich Tone verstanden.

 

Wenn ich heute mit Menschen über Kirche und Glauben spreche, merke ich, wie abhängig sich viele von der Amtskirche machen. Wie wenig selbstbewusst sie in ihrem eigenen Glauben sind. Wie wenig sie ihrem eigenen Gewissen, ihrem eigenen Gefühl vertrauen. Die Kirche ist vielfach Ausrede. Sie verstellt vielen den Weg zu Gott, den Weg zum Glauben, den Weg zu einer Glaubensgemeinschaft. Sie verstellt aber auch den Blick für den Wert der Kirche als Gesamtheit.

 

Wahrscheinlich, ja wahrscheinlich bräuchten sie einen Tone.

Georg Zitta

 

 

Lieber Tone!

Heute, nach zehn Jahren möchte ich Dir gerne einen Brief schreiben. Und, während ich hier in unserer Küche in Perchtoldsdorf sitze, sehe ich ganz deutlich Dich vor mir: sitzend in unserem großen Fauteil in der Niederreiterberggasse, ein Uiltje (holländische Zigarre) genießend, und vor Dir, auf dem Tisch, ein Gläschen Schnaps (natürlich Jenever!).

 

Ich habe Dir viel zu verdanken! Denn Du hast viel beigetragen, dass ich, damals ausgewandert aus dem fortschrittlichen Holland, hier in Österreich auch religiös Heimat gefunden habe, in unserer Gemeinde Endresstraße.

 

Und ich spüre noch Deine Begeisterung, wo Du mir erzähltest, bei Deinen vielen Hausbesuchen eine Holländerin entdeckt zu haben. Ich war neugierig, ging das zweite Mal mit Dir mit. Und dadurch wurde mir eine tiefe, warme Freundschaft geschenkt, die erste mit einer Holländerin in Österreich! Dafür bin ich Dir, lieber Tone, auch jetzt noch sehr dankbar!!

 

Ich weiß, Du behältst Deine Gemeinde, da oben, noch immer im Auge! Uns in unseren Herzen fühlen wir uns weiter mit Dir verbunden, und lebst Du dadurch weiter. Ist das nicht Auferstehung im Alltag? Dein Leitsatz, der mein Leben trägt und verändert hat!!

 

Ich danke Dir für Dein glaubwürdiges Priester- und Menschsein!

In Gedanken umarme ich Dich!

Ria Lenhart

 

Lieber Tone!

 

Ein ganz wichtiges Ereignis in unserer Familie war die Firmung von Sabine und Erhard im Mai 1983. Die lange und dichte Vorbereitung auf dieses Sakrament wurde ein unvergessliches Ereignis für unsere Familie. Ende Jänner 1987 starb Marias Vater, und Du erwiesest den Freundschaftsdienst, ihn ins Grab zu begleiten.

 

Das für uns allerschönste Fest mit Dir war unsere Silberhochzeit im Mai 1992. Erich Höfling, unser Trauungspriester, heute auch schon gestorben, konzelebrierte mit Dir die Festmesse.

 

Wir verdanken Dir sehr viel. Du hast uns die Heilige Schrift erschlossen, Du hast uns neu Eucharistie feiern gelehrt, Du hast uns auf Wesentliches im Leben aufmerksam gemacht, Du hast uns in einer guten Gemeinschaft Platz finden lassen. Herzlichen Dank dafür, dass Du 1973 an unsere Tür geklopft hast! Herzlichen Dank für die vielen schönen und intensiven Stunden, die wir mit Dir verbringen durften!

Maria & Erhard Eibensteiner

 

Tones Ansprache am 2.6.83: Fronleichnam

Evangelium: Lk 9,12-17: Die Speisung der Fünftausend

 

Liebe Christen!

 

Vielleicht haben sich viele von euch gewundert, diese Texte zum Fronleichnamsfest zu hören und nicht die Einsetzung des Abendmahles. Ich möchte kurz dazu die Überleitung sagen:

 

Nur kurz wurde in der Apostelgeschichte erwähnt, dass die Christen der ersten Zeit mit Freude, mit Jubel in ihren Häusern das Brot brachen. Beim Text des Evangeliums werden ganz einfach bei der Segnung der Brote die Abendmahlseinsetzungsworte verwendet. Es ist also hier eine sehr deutliche Verbindung für den Menschen, dem das Abendmahl, die Messe, nicht bloß frommes Mysterienspiel ist, sondern die größte Herausforderung für den Alltag. Wenn das Abendmahl, wenn die Messe uns nicht unter die Haut geht, wenn sie uns nicht radikal verändert, dann haben wir bei aller Frömmigkeit, bei aller Andacht, eigentlich Jesu Hinterlassenschaft verraten.

 

Schon im Evangeliumstext heißt es, dass Jesus dem ganzen Menschen helfen will. Es heißt da im 1. Vers, dass er ihnen die Frohe Botschaft vom Reich Gottes verkündet hat. Aber gleich heißt es dabei: Und er heilte die Menschen. Der ganze Mensch ist durch Jesus angesprochen, in sein Heil hinein genommen worden - nicht bloß seine Seele, sein Geist. Das dürfen wir gerade bei der Eucharistie nicht vergessen! Das Brot ist einmal nicht bloß zum Anschauen da. Sicher war es im Mittelalter ein besonderer neuer Aspekt: Die Verehrung des heiligen Leibes Christi in den Monstranzen, eben damals auch beginnend mit den Prozessionen. Aber das ist nur ein Aspekt!

 

Am Beginn dieses Jahrhunderts hat die kleine Theresia von Lisieux gesagt: Jesus will nicht auf den Altar kommen, um dann im Tabernakel aufbewahrt zu werden, sondern in uns zu leben, in uns zu wirken. DAS DÜRFEN WIR KEINEN AUGENBLICK VERGESSEN!

Jesus will dem ganzen Menschen helfen und auch im Evangelium ist eine sehr praktische Überlieferung, wohl aus der ersten Zeit der Christenheit. Wenn es da heißt, die Leute sollen sich zu 50 in Gruppen niederlassen, ist es vielleicht ein Rückbezug auf das alte Testament, ... Aber es dürfte keinen Christen geben, der nicht in dieser Fünfzigerschaft, dieser überschaubaren Gemeinde da ist. Ich sage es noch einmal: DAMIT ER HERAUSGEFORDERT WIRD, DAMIT ER SIEHT, WAS DER BRUDER BRAUCHT!

 

In der Erzählung der Apostelgeschichte hieß es: Unter den Christen war keiner, der Not litt. Können wir das von unseren Christengemeinden sagen? Ich meine jetzt nicht die leibliche Not. Ich glaube, daran fehlt es bei uns kaum. Aber es ist wohl eine größere Not unter uns: Die Not der Einsamkeit, die Not, nicht verstanden zu werden, nicht angenommen zu werden. Ich glaube, diese Nöte können wir erst recht entdecken, wenn wir den Menschen näher kommen. Wenn jemand materielle Not hat, dann kann er vielleicht durch das Sozialnetz aufgefangen werden. Aber heute wird es immer deutlicher, dass diese Sozialnetze versagen, wenn die Not größer wird. Wenn die seelische, menschliche Not den Menschen überwältigt, ihn umbringt. VERGESSEN WIR DAS NICHT, LIEBE CHRISTEN!

Jesus will die Speise sein, die alle sättigt. Das ist wohl in dieser wunderbaren Speisung in der Wüste angedeutet. Jesus lässt keinen verkommen. Jesus sättigt alle und auch am Ende bleibt er da. Wir könnten vielleicht zum heutigen Festtag sagen:

 

JE MEHR WIR UNS EINLASSEN IN DIESEN JESUS, JE MEHR WIR UNS VON DIESEM JESUS HER FÜR DIE ANDEREN VERSCHENKEN, UMSO MEHR IST JESUS DA: IN DIESEN 12 KÖRBEN BLEIBT DIE FÜLLE UNS ERHALTEN!

 

Ich würde sagen: Je mehr wir uns in der Nachfolge dieses Jesus um den anderen annehmen, umso eher kommt das Reich Gottes.

 

Wir sind reich beschenkt, wir alle, die wir hier beisammen sind, reich beschenkt von der Liebe unseres Herrn. Lernen wir aus dieser Freude, aus dieser Dankbarkeit heraus, andere zu beschenken. Dann braucht die Kirche von heute keine Angst zu haben wegen ihrer Zukunft. Dann braucht sie nicht ängstlich zu sein um ihre Jugend und Kinder.

 

Wenn wir uns beschenkt wissen von dieser Liebe Jesu Christi und diese Liebe Jesu Christi leibhaft weitergeben, dann ist dieses große Wunder nicht etwas Vergangenes, sondern etwas Gegenwärtiges und Zukünftiges.

 

UND DAS IST MEINE HOFFNUNG UND MEIN WUNSCH FÜR UNS ALLE AN DIESEM FESTTAG!

Amen.

mitgeschrieben von Inga Moser

 

Was Tone für mich bedeutet, das lerne ich erst langsam, Jahre nach seinem Tod begreifen. Und trotzdem kann ich sein Wirken für mich kaum in Worte fassen.

Dankbar dafür, dass Tone es war, der Tommy und mich getraut hat - einander in großer Zuversicht anvertraut hat.

Maria Soliman

 

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