[28] Steckkontakt, Ausgabe Sept. 2005

 

Ein Segen sein

 

Interpretationen eines Impulsreferates von Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz von Gurk-Klagenfurt

 

Gott ist die letzte Erfüllung des Menschen, und doch fragen wir: „Ist der Gott der Bibel noch der Gott von heute? Ist der Gott der Bibel noch der Gott des Internets, des Computers, der Technik?"

 

Immer wieder an Lebenswenden einer Gesellschaft wurde und wird so gefragt. Gerade dann sagt Gott (wie in Hosea 2,16): „Dann will ich selbst ihr Gott sein, ich will sie verlocken, sie in die Wüste hinausführen und um sie werben." Wüste ist für die Bibel Zeit der Verlobung des Volkes mit Gott. Er sagt: „Ich traue dich mir an auf ewig — um den Brautpreis von Gerechtigkeit ­und Recht, Liebe und Erbarmen." Gott hilft, dass es recht zugeht. Das ist das Heiratsgut, welches er einbringt.

 

Der Name „Jahwe" ist ein Tätigkeitswort. Er sagt: "Ich werde da sein als der, der ich da sein werde." (Ex.3,14). Auf mich ist Verlass, ich bin immer für dich da und werde für dich da sein.

 

Gott ist voll „Interesse" für uns Menschen, er fängt, wenn die Welt nicht mehr weiterkann, immer mit EINEM oder EINER wieder an. Gott fängt mit Abraham an. Später mit einem Kind, das in einem Körbchen am Nil gefunden wird. Ein andermal ist es der Schafzüchter Amos.

 

Später wird es Jesus von Nazareth sein, mit dem Gott in seinem Volk wieder anfängt. Als die Welt registriert wird und es nur noch Kaiser gibt, frohbotschaftet der Himmel, dass das Kind der Retter der Welt ist.

 

Gott fängt mit einer Ordensgründerin oder einem Ordensgründer an. Mit Mutter Teresa oder Pater Sporschill. Er fängt mit jeder und jedem von uns an. Denn er sagt: „Du sollst ein Segen sein. Du sollst meine Liebeserklärung an die Welt hineinbuchstabieren in die konkrete Zeit. Du sollst das Evangelium hineinleben — so wirst du Segen sein." Mit jedem von uns kann die Welt neu werden.

 

Kann man das? fragen viele. Ein Segen sein mit den eigenen Schwächen, mit unseren Schatten und Gebrechen? Oft müssen lange Wege zurückgelegt werden, damit so manche Lebenswunde verwandelt und auch anderen zum Segen wird.

 

Auch eine Gemeinde soll sich als Licht, als eine Stadt auf dem Berg verstehen. Wir sollen „Horizonterweiterer" sein. Menschen, die versuchen, den Himmel in unserer Zeit aufzureissen. Keine Frömmler, die anderen Anteil an ihren frommen Worten gewähren, sondern die den anderen behutsam in seine eigene Gotteserfahrung hineinführen, ihn anzuzünden für das Licht, eine große Aufmerksamkeit für unausgesprochene Hilferufe, eine freie Hand zum Halten, Liebe zum Verzeihen haben.

 

So können du und ich zum Segen für dich und mich und andere werden.

Gertrud Steindl

 

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