[47] Steckkontakt, Ausgabe September 2010

 

Le+O

 

„Leo“ ist ein typisches alt-wiener Kinderspiel. Da gibt es einen ausgemachten Platz, wohin man sich vor dem Fänger schützen kann. Es hat also etwas mit „Befreiung“ zu tun.

 

Ist es Zufall oder Fügung? Das neue Projekt der Caritas „Le+O“ hört sich genauso an. Es bedeutet „Lebensmittel + Orientierung“. Was hier geschieht, hat viel mit „Befreiung“ zu tun. Um nur 1 € können sozial Schwache einen Wocheneinkauf nach Hause tragen. Dazu bekommen sie auf Verlangen auch Lebenshilfe von Sozialarbeitern der Caritas.

 

Sieben junge Mitarbeiter der Caritas sahen etwas Ähnliches in Berlin und begannen, dieses Projekt hier aufzubauen. Dazu brauchten sie natürlich viele begeisterungsfähige Mitarbeiter. Die fanden sie in zehn wiener Pfarren, darunter auch die Pfarre Erlöserkirche. Nach einigen Vorarbeiten und Einschulungen begann das alles im letzten November.

 

Die Ware wird der Caritas geschenkt und ist meist knapp um das Ablaufdatum oder Firmenüberschuss. Gäbe es nicht Le+O, käme das alles in den Müll. Gar nicht wenig, denn die Caritas liefert an zehn Ausgabestellen wöchentlich etwa 3,5 t Lebensmittel. Inzwischen sind mehr als 400 freiwillige Mitarbeiter dabei. Auch ich und einige aus der Gemeinde.

 

Arbeit gibt es viel. Einige nahe gelegene Supermärkte werden von uns außerhalb der Caritas-Tour angefahren und den gelieferten Waren zugegeben. Dann geht es ans Verkaufstische aufstellen, Ware sortieren, Gemüse und Obst putzen, Beratung einrichten, Registratur aufbauen, Dienste einteilen, die Hauptarbeit Warenausgabe, Kaffee und Kuchen offerieren, wegräumen, Pfarrsaal säubern, Geschirr abwaschen, jeden Mittwoch ab 9 Uhr das gleiche Procedere. Zwei Sozialarbeiter der Caritas sind auch da und bieten Lebenshilfe und Orientierung an.

 

Jeden Mittwoch kommen ab halb 11 um die 60 Leute, lassen sich registrieren und bekommen Ware, von Brot und Backwaren über Getränke, Reis, Nudeln, Mehl, Zucker, Obst, Gemüse, Waschpulver bis zu Windeln und Seife. Das Angebot ist nicht immer gleich, aber es ist fast immer genug da. Berücksichtigt man die Haushaltsgrößen, so profitieren davon etwa 200 Personen. Gut, dass nicht immer alle kommen, die für unseren Ausgabeplatz eingetragen sind. Da wären wir mit 197 Haushalten total überfordert.

 

Ich bin meist bei der Brot- und Backwarenausgabe. Die leuchtenden Augen einer Frau, die sich sogar Brot und Gebäck aussuchen darf, werde ich nicht vergessen. Sie schwärmte von einem Festmahl, das sie heute hätte. Kinder freuen sich, wenn sie Süßigkeiten und Schokolade bekommen. Das hilft mir auch über sekkante Lebensmittelbezieher hinweg, schließlich bin ich ausreichend vom Flohmarkt geübt.

 

Traurig ist, dass uns so viele Leute brauchen. Noch trauriger wäre es, das alles käme in den Müll.

Will da noch jemand mittun? Jeden Mittwoch ab 9 Uhr ist unsere Projektleiterin Irina Gamperl da.

Maria Eibensteiner

 

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