... Ludwig Bacher am 10.10.2011, 30 Jahre Therapiezentrum
Das Therapiezentrum für halbseitig Gelähmte
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30 Jahre
Vor nunmehr 30 Jahren wurde das „Therapiezentrum für
halbseitig Gelähmte“ (THZ) als gemeinnütziger Verein gegründet. Eine solches
Jubiläum darf Anlass für einen kurzen Rückblick auf die Geschichte dieser
erfolgreichen Einrichtung an der Breitenfurter Straße und vielleicht auch eine
kleine mutmachende Anregung für ähnliche Initativen auf sozialer Ebene sein.
Zu Beginn der 80-er Jahre brachte Lucie Schiefthaler, die
spätere therapeutische Leiterin, auf Grund ihrer beruflichen Erfahrung bei einer
der monatlichen Gemeindeversammlungen der katholischen Personalgemeinde
Endresstraße an der Klosterkirche ihre Sorge hinsichtlich einer zu wenig
zeitlich und fachlich intensiven Behandlungsmöglichkeit für Patienten nach
Schlaganfällen in den Spitälern ein, stellte dabei ihr Anliegen, Gründung einer
Behandlungsstation auf privater Basis, vor und ersuchte, weil sie alleine eine
solche Umsetzung nicht zustande bringen könnte, hiefür um die notwendige
Unterstützung. Als überzeugendstes Beispiel diente einer ihrer Patienten, ein
Pater des Prämonstratenserordens, den sie, Mutter von vier Kindern, nach der
damals üblichen Spitalsbetreuung in ihrer Wohnung aufnahm, dort nach einer
damals neuen Behandlungsmethode (Bobart) weiterbehandelte und daher viele
Mitglieder der Personalgemeinde nach und nach die überraschenden
Genesungsfortschritte von Pater Bruno miterleben durften.
Eine Proponentengruppe aus der
Klosterkirche um den späteren langjährigen Obmann Dr. Erich Graf, und dem
heutigen auch schon viele Jahre tätigen Obmann Dipl. Ing. Günter Lenhart
gründete in der Folge das nunmehr weithin bekannte und für professionelle
weiterführende Rehabilitation fachlich
anerkannte Therapiezentrum, wo in drei aufeinander
abgestimmten Fachbereichen – Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie – eine
umfassende Behandlung (60-minütige Einzeltherapie) angeboten werden kann. In den
ersten Jahren waren neben der laufenden ambulanten Behandlung acht Patienten
stationär aufgenommen (260 im gesamten Zeitraum) und wurde die Arbeit der
Therapeutinnen und Therapeuten durch Rund-um-die-Uhr-Betreuung durch freiwillige
Helfer aus der Personalgemeinde am Ort und den Kirchengemeinden am Georgenberg
und aus den Pfarren Mauer und Liesing unterstützt. Ohne dieser wertvollen
Mitarbeit wäre ein kontinuierlicher Betrieb nicht möglich gewesen. Und weil die
Notwendigkeit dieser Einrichtung durch augenscheinliche Behandlungserfolge für
die Mitarbeiter überzeugend war, blieb die Anfangsbegeisterung und das
verlässliche Engagement auch über die Jahre erhalten.
Aus verschiedenen Gründen war etwa nach 15 Jahren die
Umstellung von einer stationären Behandlung auf eine rein ambulante Betreuung
zweckmäßig geworden, was durch die steigende Nachfrage nach ambulanten
Betreuungsplätzen in diesem spezifischen Bereich unterstützt wurde. Wenn man
weiß, dass in Österreich jährlich mehr als 50.000 diesbezügliche Neuerkrankungen
auftreten - bei steigendem Anteil jüngerer Personen, dann sind die vom THZ
vertetenen übergeordneten Ziele, nämlich
-
Erreichung der
größtmöglichen Selbständigkeit der Patientinnen und Patienten,
-
Optimierung der
Lebensqualität der Betroffenen im sozialen Umfeld sowie im beruflichen oder
schulischen Alltag,
-
Integration in das soziale
Netzwerk,
auch für Nichtbetroffene
nachvollziehbar, weil leicht verständlich. Wie notwendig
und
wie erfolgreich solche Ansätze sein können und fast
immer auch sind, beweist der Text
(siehe Auszug unten)
eines selbst arrangierten Liedes mit dem Titel „Mein neues Leben“, das eine
Patienten, Betty H., des THZ den beim Jubiläum anwesenden ehemaligen und
aktuellen Patientinnen und Patienten, Therapeutinnen und Therapeuten und
Förderern in berührender Art und Weise dargeboten hat.
Einmal nicht
achtgegeben und total verändert sich mein Leben.
Ein halbes
Jahr musst’ meine Familie um mein Leben bangen.
Da
gibt’s einen Verein, der ist einfach wunderbar!
Hier wurde ich
herzlich aufgenommen und hab neue Freunde gewonnen.
Ich
lebe heute, nicht gestern und nicht morgen
drum
macht Euch um mich keine Sorgen,
es ist hart,
aber schön,ich lieb es sehr, mein neues Leben!
Meine
rechte Körperseitekann ich leider noch nicht steuern
aber ich lass
mich von Euch allen immer gerne anfeuern.
Ein
harter Test ist für mich mein Rollstuhl, doch nicht für immer das steht fest.
Es ist
hart, aber schön. Ich lieb es sehr, mein neues Leben!
Ich sag’s Euch
viel zu selten: Es ist schön, dass es Euch gibt.
Seit der Umstellung auf ambulante Behandlung wurden ca. 1100
Patientinnen (450) und Patienten (650) betreut. Es befinden sich
durchschnittlich etwa 75 Patientinnen und Patienten in Behandlung und etwa 55
auf der Warteliste für eine oder mehrere Therapien. Eine gute Mischung aus
Idealismus und Professionalität bestimmt das Tun und hilft, durch die Erkrankung
ausgelöste Defizite zu mindern. Heute begleiten 13 ausgezeichnet ausgebildete
Therapeutinnen Und Therapeuten in krankenhausferner Atmosphäre die Patientinnen
und Patienten. Speziell ausgearbeitete, individuell auf die Bedürfnisse
abgestimmte Therapien sowie disziplinenübergreifende Behandlungen führen, wie
schon die Vergangenheit gezeigt hat, zu großen Erfolgen.
Nach wie vor ist das THZ in
Ostösterreich das einzige ambulante Rehabilitationszentrum, das in der Phase der
Spätrehabilitation Langzeittherapien für Neurologische Patientinnen und
Patienten im interdisziplinären Behandlungsteam anbietet. In den
Rehabilitationsprozess werden auch die Angehörigen und/oder andere
Begleitpersonen mit eingebunden, um den Transfer des in der Therapie Erlernten
in den Alltag zu unterstützen.
Angehörigengespräche
dienen dazu, Ressourcen des Patienten im Alltag herauszuarbeiten.
Dies alles und darüber Hinausgehendes (z.B. Hausbesuche,
Begutachtungen, etc) wäre aber nicht ohne ein harmonischesn und effektives
Zusammenspiel zwischen Patientinnen und Patienten, Therapeutinnen und
Therapeuten und Vorstand möglich. Eine weitere wesentliche Voraussetzung für die
gelingende Weiterführung dieses wegweisenden Modells sind die Beibehaltung und
der Ausbau der Finanzierungsquellen die da sind: Leistungen der Krankenkassen
(decken nur rd. 84% der Kosten), Unterstützung durch den Fond Soziales Wien für
Wiener Patientinnen Und Patienten, Mitgliedsbeiträge, Spenden von Patientinnen
und Patienten, Spenden diverser Unterstützer und Förderer, wie z.B. Rotary,
Lions, Licht ins Dunkel, sowie Spenden aus Veranstaltungen, wie z.B.
Flohmärkten. Allerdings muss festgehalten werden, dass diese finanziellen
Rahmenbedingungen trotz ständig steigender Nachfrage der Rehab-Leistungen keine
organische Weiterentwicklung des THZ erlauben, da die Mittelaufbringung für den
laufenden Betrieb einen nicht unwesentlichen Teil der Kapazitäten des
ehrenamtlichen Vorstandes bindet.
Es ist nicht verwunderlich, wenn sich insbesondere die
patientinnen und Patienten – nicht nur diese - eine gelungene Weiterführung
dieses Projektes dringend wünschen. Wenn Sie mehr an Information wünschen, dann
sei an die Internetadresse office@thz.at oder
an unsere Homepage www.thz.at verwiesen.
Ludwig Bacher